Was wäre, wenn schlechte Gefühle gute Indikatoren sind?
Du machst Das
Ich sehe gerade nicht viel durch den Schleier meiner Tränen. Eigentlich wollten wir nur etwas essen gehen, aber bis unser Steak kommt, sitze ich schon in der emotionalen Achterbahn. Mitten im Restaurant erlebe ich eine Kernschmelze. So habe ich mir Südafrika nicht vorgestellt. Auf dieser Reise bluten meine alten Wunden besonders stark. Zu viert auf dem Roadtrip mit zwei Freunden und einem Mentor erlebe ich, was Anspannung heißt. Mit dabei ist Ingo, der eine besondere Gabe hat, meine Knöpfe zu drücken. Ich dachte, das schwarze Loch in meinem Magen wäre schon lange weg? Aber jedes mal wenn Ingo einen Witz über mich macht oder falsch lacht, rast der Teufel in mir die Treppen der Wut hoch und runter. Das schwarze Loch ist wieder voll da. Wir teilen uns ein Bett und nach vier von 30 geplanten Reisetagen steht mein Tacho auf tiefschwarz.
Ich explodiere. Ich bin selten so aus meiner Haut gefahren, habe ihn angebrüllt und beinahe am Kragen erdrückt. Erwischt habe ich ihn an einem Wasserfall, auf einer Wanderung, wo er es am wenigsten erwartet hat. Wo ich es am wenigsten erwartet habe. Drei Tage lang hat der Moment sich aufgebaut, der Kritiker in meinem Kopf mit ihm gestritten, bis das Faß überlaufen war. Danach: Drei Tage ist Funkstille. Dann treffen wir beide und unser Mentor uns im Restaurant, um wie Wogen zu glätten. Mein einziger Satz zur Verteidigung: „Ich wurde schon immer als Idiot ausgelacht“ und eine Lawine der Emotion ist losgetreten in mir. Ich sehe hoch zu Chris, der mir gegenüber sitzt. Meine Wahrnehmung ist dumpf, ich sehe nichts. Ich höre ein bisschen. Mit aufgerissenen Augen kommen seine Rufe gerade so an mein Ohr:
„DU machst das!“
„Du MACHST das!“
„Du machst DAS!“
So lange ich denken kann, bin ich morgens mit einem tiefschwarzen Loch in meinem Bauch aufgewacht. In der Grundschule, auf dem Gymnasium, im Studium. In Urlauben, auf Reisen, beim Dating, mit Frauen im Bett, ohne Frauen im Bett. Ein seltsamer Fremdkörper, der sich gleichzeitig anfühlt, als sei er ich. Erst mit meiner Beschäftigung mit Therapie wurde mir bewusst, dass ich diesen Teil in mir fühle. Davor? Da war kein schwarzes Loch – ich war das schwarze Loch. Ich dachte, das bin einfach ich. Was genau? Ein Fehler im System, ein ungewollter Störfaktor, ein ungeliebter Junge.
Was ich heute bewusst schreibe, hat sich früher nur unbewusst zum Ausdruck gebracht. Wenn mich das Loch nicht morgens in meiner Schwäche erdrückt hat, wurde es abends zum Dämon, der in mir wütet. Seine Exzesse reichten von Zigaretten, Alkohol, Drogen, Pornos bis Schlägereien. Wo ich als Jugendlicher betrunken aufgetaucht bin, gab es kurze Zeit später auf die Fresse. Wo ich schwach wurde, habe ich mich mit noch mehr Schwäche selbst erdrückt, wie einen Käfer, der nur noch zwei Beine hat und nicht mehr leben soll. Etwas in mir hat sich immer falsch angefühlt. Etwas um mich hat sich immer falsch angefühlt.
Als Kind bin ich in schräge Umstände geboren (jeder glaubt irgendwie in schräge Umstände geboren zu sein). Bei mir war es so: Meine Mutter war ein Tag nach meiner Geburt 17 Jahre alt geworden. Mein Vater 18. Wir wohnten in einem Dorf mit 2.000 Einwohnern. Stell dir nur vor, wie sie als Jugendliche mit mir im Bauch die Entscheidung für die Geburt mit sich tragen musste. Stell dir vor, welcher Cocktail aus Angst und Unbehagen durch mein Blut geflossen sein muss.
Der Vater meiner Mutter starb schon 12 Jahre davor, etwas über 30 Jahre alt. Seitdem musste mein Onkel, der gerade mal 14 war, der Mann im Haus werden. Ein Druck, den er nur mit Wut, Groll und Trauer stemmen konnte. So habe ich wenig später den Mann getroffen, der mein männliches Rollenmodell sein sollte. Mein Vater, der sollte mich nach meinem 2. Lebensjahr nicht mehr sehen – so war es von meiner Mutter beschlossen. Ich wuchs ab da mit einem Stiefvater auf, ein Testosteron getränkter Mann, dominant, aggressiv, durchgehend direktiv und gewalttätig. In einen Topf geworfen wurden sie alle die Eltern, an die ich mich heute erinnere: Aggression, Wut, Groll und Trauer.
Das Minenfeld meiner Kindheit war die zerzauste Familie, die immer und ständig zwischen Aggression bis Explosion pendelte. Auch später hat mir mein Vater berichtet: es gab keinen Moment, an dem es länger mal Glück und Zufriedenheit gab, ohne dass eine Sekunde später irgendwo eine Bombe hoch ging. Die ganze Familie kommt an Weihnachten zusammen? BOOM. An Silvester feiern wir ins neue Jahr? BOOM. An Neujahr liegen Böller im Vorgarten? BOOM. Im Januar läuft es wie im Dezember? BOOM. Das Jahr schon wieder nix gewesen! BOOOOM.
BOOM.
BOOOM.
BOOOOM.
Zoome rein und sieh mich zwischendrin. Ein Kindersoldat ohne Waffen, hinten Rechts im Versteck unter der Eckgarnitur meiner Oma. Dort, wo kein Erwachsener reinpasst. Dort habe ich viel Zeit mit mir verbracht. Wo der dauerhafte Looping der emotionalen Achterbahn abging, habe ich dort unten Aushalten gelernt.
Fragst du dich wirklich noch, wo schwarze Löcher im Bauch herkommen? Von Situationen, die immer und immer und immer und immer angespannt sind, weil alles um mich ein Minenfeld ist. Von alkoholisierten Onkels, die genau in dem Moment, in dem ich mich bei ihm auf der Couch wohl fühle, mich einen Idioten nennt. Mit der Ohrfeige, die mein Gesicht schlägt, sobald ich etwas falsch mache. Mit Wochenenden, an denen ich Freunde nicht sehen darf, weil ich Autos waschen muss. Mit Konflikten, die ich unter der Eckgarnitur aushalten muss. Mit tränenübersäten Deutschheften, weil ich mich nicht konzentrieren kann, aber Hausaufgaben jetzt gemacht werden.
Das sind die Bomben, die unser Herz zerfetzen. Das sind die Mauern, die unsere Freiheit klein halten. Das sind Situationen, die das Leben zum Überleben machen. Das werden die Gitterstäbe aus dem Stahl harter Glaubenssätze, ein Idiot, Nichtsnutz, Verlierer, Gefangener zu sein.
Jeder hat seine eigene Geschichte, die seine Kontur geformt hat. Jeder hat seine Art gelernt, Trauma und Übergriffe zu ertragen, um zu überleben. Jeder von uns musste sich in irgendeiner Form von der Umgebung formen lassen, in die er geboren wurde. Jeder, der keine gute Verteidigung oder einen guten Verteidiger hatte, musste lernen, in diesem Umfeld zu funktionieren. Zu überleben.
Kein anderes Tier hält dauerhaft Wut und Groll aus, ohne wieder ins Hier und Jetzt zu finden. Kein Organismus ist dafür gemacht, Spannung im Nervensystem über längere Zeiten zu ertragen, ohne sein Verhalten und damit seine Gewohnheiten und Glaubenssätze an diese Spannung anzupassen. Der Mensch hat gelernt, über die Zukunft zu reflektieren und sein Hier und Jetzt darauf anzupassen. Vor allem reflektieren und planen wir oft aus dem Standpunkt der Vergangenheit. Wenn dadurch die zukünftige Konsequenz immer eine Verletzung ist, erstarrt ein Nervensystem und hält die Fluchtenergie in sich.
Wie Fluchtenergie wieder frei wird? Frag Ingo. Oder Frag alle Männer, die zum Opfer meiner Verteidigung gegen Halluzinationen wurden. Frag Freunde, die ich von mir ferngehalten habe. Frag Auftraggeber, die ich weggeekelt habe.
Der Konflikt in mir wurde zum Leben um mich. Sobald ich weg war vom alten Leben, vor 15 Jahren in eine andere Stadt gezogen bin, war die Spannung nicht einfach weg. Sie war da und ein Teil von mir hat das Gewohnte vermisst. „Wenn keiner mich traurig macht, dann mache ich mich selbst traurig – so war es doch schon immer.“ wäre die Übersetzung meines Unterbewussten. So führte die Mission nach München, wo ich mit Arbeit, Studium und Co. zurechtkommen musste und zum ersten Mal mit den Dämonen konfrontiert war, die nicht mehr außen, sondern in mir waren.
Überall war das Misstrauen gegenüber Menschen ein trainierter Reflex. Freunde wurden zu Projektionsflächen. Professoren wurden zu Projektionsflächen. Auftraggeber wurden zu Projektionsflächen. Mit allen war ich im Konflikt. Mit allen gab es Streit. Mit keinem konnte ich eine normale Verbindung aufbauen. Jeder, der mir zu nahe kam, hatte direkt mein Herz in der Hand. Jeder, der gegen meine Meinung war, konnte den Teppich meiner Existenz einfach wegziehen. Den Misbrauch hatte ich schon oft erlebt. Meine Konsequenz? Einfach weglaufen. Nur dumm, dass irgendwann keiner mehr um mich war, den ich verlassen konnte. Morgens, sitzend auf dem Rand meiner Badewanne, gab es keinen Freund, mit dem ich reden konnte. Mit mir alleine war jetzt alles vor Verletzungen geschützt. Das wirkliche Leben? Das fand vor allem in meinem Kopf statt.
Konflikte sind Schatten
Die emotionalen Konflikte in unserem Alltag sind die Schatten unserer Vergangenheit. Die Stimme, die in dir quatscht, verteidigt, flüchtet, grübelt, schreit, streitet, weil der Konflikt von früher heute noch in dir zirkuliert. Sie hält dich auch zurück, redet dich klein, hält dich ängstlich, macht dich einsam, aus der gleichen Emotion, nur aus einer anderen Richtung. Wenn „irgendwas nicht mit mir stimmt“ findet sie den Beweis und bestätigt, was du vorher schon gedacht hast. Auch, wenn du dich vielleicht nicht mehr erinnerst: sie ist gut trainiert und die Sätze, die du zu dir sagst, sind textsicher am Platz.
Die Wahrheit, die du damit in deinem Leben siehst, ist verfärbt durch trainierte Wahrnehmung. Zu jedem Zeitpunkt siehst du die einzige Wirklichkeit, die es gibt. Was in deinem Leben passiert, gibt dir Rückschlüsse dafür, wie es in deinem Inneren aussieht.
Nicht selten haben Neurotiker, die immer alles richtig und strukturiert machen müssen, völlig durchwühlte und vollgestopfte Wohnungen. Oft habe ich Männer gesehen, die sich für ihr Gefühl von innerer Zerrissenheit immer wieder in ein Korsett vollkommen steifer Gewohnheiten begeben mussten. Die innere Welt muss nach außen dringen und wenn wir das Leben um uns ansehen, haben wir den direkten Einblick in die innere Welt: die Schatten der Vergangenheit manifestieren sich in allem.
Zu jedem Zeitpunkt ist die Wahrheit um mich die einzige Wirklichkeit, die es gibt. Spannung im Innen macht Wahrheit im Außen. Pornos, Süchte, Alkohol und Depressionen sind nicht einfach nur da: „DU machst das!“. Glorreiche Ideen der Zukunft sind keine Vision, die auf Handlung basiert, sondern labile Kartenhäuser, auf Vergangenheit gebaut: „Du MACHST das!“. Rockstar Fantasien vom großen Ausbruch ohne die Arbeit dahinter sind keine Motivation, sondern Reaktion und Flucht. DU. MACHST. DAS.
Deine Wahrheit ist eine Kinoleinwand, die deine innere Welt durch deine Glaubenssätze nach außen projiziert. Durch die wahrgenommene Wahrheit unserer Glaubenssätze benutzen wir einen Filter, der das ganze Spektrum der Möglichkeiten auf meine Regeln herunter bricht und nur die sieht, die meine innere Wahrnehmung bestätigen.
Ohnmächtige sehen überall verpasste Chancen. Verletzte Männer sehen überall ablehnende Frauen. Ängstliche Menschen sehen überall Gefahr. Und ein schwarzes Loch im Bauch? Das sorgt dafür, dass es da bleibt.
Wahrheit ist die Übersetzung von dem, was ich schon vorher geglaubt habe. Wie von Magie beweist der Beweisführer in mir, was mein Denker denkt. Die Welt, die ich sehe, erzählt im Kehrschluss die Wahrheit über mich. Sie bestärkt mich dadurch in meiner Entwicklung. Sie lässt mich echte Möglichkeiten erkennen. Sie zeigt mir mit dem Hindernis den Weg zum Wachstum.
Der Trick ist der Glaube, dass das, was ich erlebe, mein Lehrer und nicht mein Gegner ist. Dass ich mit dem Rahmen des „Was wäre, wenn schlechte Gefühle gute Indikatoren sind?“ einen besseren Blickwinkel auf meine Situation erhalten kann, um eine Möglichkeit der Veränderung zu erkennen.
Ich wähle deshalb ganz bewusst den Rahmen, dass es etwas wie einen Daimon in meinem Leben geben muss, der nur das Beste für mich will. Das ist keine Wahrheit, die durch Wissenschaftler belegt wurde und deshalb objektive Richtigkeit hat. Niemand hat diese Wahrheit bewiesen, ich glaube sie einfach, weil sie die bessere Alternative von zwei Möglichkeiten ist. Denn wenn ich an die „Botschaften des Daimon“ glaube, ist die Lebenssituation vor mir ein Spiel.
Dadurch wird jeder Konflikt zu einer Aufgabe, die ich durchschreiten muss. Damit werden Menschen, mit denen ich Probleme habe, zu Ersatzspielern meiner alten Konflikte. Damit erkenne ich, dass der Konflikt mit Menschen nur der Konflikt von zwei Welten ist, die aufeinander treffen: jede der Parteien hat Recht, weil jede ihren eigenen Konflikt durch das Gegenüber gespiegelt bekommt.
Angst vor Wahrheit
Erlebte Wahrheit ist das Resultat von wie ich mich fühle. Wie ich mich fühle, sollte jedoch niemals alleine die Grundlage meiner Wahrheit sein. Dafür gibt es zu viele Welten, bei denen unmöglich meine Welt die einzig richtige sein könnte. Wie komme ich zu einer besseren Wahrheit? Indem ich in meine eigenen Gefühle crashe. Indem ich mit dem Gegenüber in Kontakt bringe, was ich mich eigentlich nicht traue, zu sagen. Indem ich meine Wahrheit ausspreche und durch die Auseinandersetzung zu der Wahrheit komme, die für mindestens zwei Leute gilt.
Wenn meine Wahrheit nur für mich stimmt, entstehen Konflikte, Frustration, soziale Verträge und irrationale Erwartungen aus den Regeln, die nur in meiner Welt gelten. Dann muss ich Menschen manipulieren, weil nur so die Welt des anderen in meine Welt hinein passt. Wenn meine Welt immer gewinnt, findet mein Leben nur in meinen alten Konflikten statt, aus denen sich diese Welt speist. Verstehst du das? Wenn du in deiner Realität immer Recht hast, dann wahrscheinlich nur, weil du die Wahrheit von anderen nicht zulassen kannst. Genau das ist die Angst vor Wahrheit: sie bringt deine alte Welt erstmal zum Einsturz, bevor du ein echtes Leben aufbauen kannst. Gleichzeitig ist diese Wahrheit das, was dich von einer Scheinwelt aus alten Glaubenssätzen befreit.
Wenn du dich in Ehrlichkeit übst, wirst du nicht Recht haben. Du wirst dich nicht durchsetzen, weil du jetzt die mutigeren Waffen hast. Du wirst nicht gewinnen und plötzlich alle Menschen mit deiner Welt dominieren. Du wirst in Grenzen fahren, verletzlich sein, dein Herz auf das Silbertablett legen und erst danach wissen, ob man es gestreichelt oder zerschlagen hat. Du wirst einen Abgleich finden und mit jeder dieser ehrlichen Interaktionen eine Wahrheit für dich finden, die sich im Hier und Jetzt wirklich echt anfühlt. Du wirst transparent und mit der Intimität, die dabei entsteht, echte Freundschaften mit echten Menschen finden.
Wahrheit wird dann auf deiner Sinneswahrnehmung basieren. Sie hat nichts mit der Geschichte in deinem Kopf zu tun, sondern mit der wahrgenommenen Qualität deiner sensorischen Aufmerksamkeit. Sensory Acuity ist ein Ergebnis aus genauem Beobachten, was in dir und außerhalb von dir wirklich geschieht. Man könnte es auch eine Übung in Achtsamkeit nennen, weil du feiner wahrnimmst, was wirklich passiert und was davon nur eine Interpretation in deiner Fantasie ist.
Wahr ist, was zurückkommt
Die eigene Beobachtung ist der Schlüssel für Sensory Acuity. Sie ist eine Art Bestandsaufnahme, mit der du so gut es geht versuchst, die Welt um dich durch deine Konflikte, Interpretation und eigentliche Wahrnehmung zu verstehen. Nichts anderes macht ein Therapeut, wenn er mit Klienten arbeitet.
Du kannst dich fragen:
- Was hat meine Situation mit alten Konflikten zu tun?
- Welche Welt bestätige ich mir immer wieder selbst?
- Was passiert hier wirklich, was passiert nur in meinem Kopf?
- Wie würde ein gesunder Mann diese Welt verändern?
Jede ehrliche Antwort auf solche Fragen verändert die Realität, die du erlebst. Mit jeder positiven Veränderung im Innen, erlebst du die Veränderung im Außen. Mit jeder positiven Veränderung im Außen, erlebst du die Veränderung im Innen. Mit beiden entsteht ein positiver Kreislauf, der dich nach oben zieht. Ein Shortcut zum Abgleich der Realität ist, deine Konflikte mit den Menschen oder mit Therapeuten zu erleben.
Konflikte sind im Kontakt mit anderen Menschen entstanden. Du kannst dich selten zu neuen Leben denken, weil der Kontakt mit dem Menschen fehlt, durch den das vorherige Leben entstanden ist.
In meiner Geschichte waren das viel Therapie, Männerworkshops, Reisen nach Afrika und ehrliche Gespräche mit Eltern über die Welt und wie wir sie wahrnehmen. Es gibt einen Grund, warum das tränenübersäte Steak in Südafrika gleichzeitig so schmerzhaft und ein großer Wendepunkt meines Lebens war. Die Emotion von früher will erlebt werden, damit sie das System verlassen kann. Ingo war nur ein Stellvertreter von Männern, die mich früher beleidigt haben. Dadurch war er ein alter Geist, mit dem ich als erwachsener Mann und mit neuen Erfahrungen die Situation von früher besser stemmen konnte und durch die Emotion auf die andere Seite kam. Natürlich tut das im ersten Moment weh. Aber überlege dir: was wäre die Alternative gewesen? Wahrscheinlich hätte mich dieser Konflikt, die Emotion und das schwarze Loch mein Leben lang begleitet. Irgendwann hätte ich gesagt, dass das Leben einfach nicht leicht ist. Dass man eben leiden muss. Vielleicht wäre ich Buddhist geworden und hätte vom ewigen Leid der Reinkarnation erzählt. Vielleicht hätte ich ein Buch über „Die Natur der schwarzen Löcher“ geschrieben und dich überzeugen wollen, dass das der Preis des Lebens ist. Vielleicht hätte ich dich davon überzeugen wollen, dass es das Böse auf der Welt gibt. Vielleicht wäre ich alt und bitter geworden und hätte meine Kinder mit Aggression, Wut, Groll und Trauer erzogen, damit sie die Welt endlich kapieren. Vielleicht hätte ich diese Wahrheiten ungefragt weiter gegeben.
Verstehst du, wie Menschen Leid vererben? Es ist ihre Verantwortung, ihre eigene Unfähigkeit, sich selbst zu heilen, indem sie ehrlich sind. Wenn ich diese Verantwortung übernehme, werde ich mir zum besten Partner, der mit mir durch den Morast des Alten geht. Mit jeder Konfrontation verändert sich meine Wahrnehmung und damit verändert sich die Welt. Gegner werden zu Menschen. Wut wird zu Vorwärtsenergie. Ängste werden zu Möglichkeiten. Dein größter Gegner war nie ein Wolf, sonst hätte er dich gefressen. Deine größte Angst ist noch nie passiert, sonst hättest du sie nicht mehr. Du kannst jedes schwarze Loch in deinem Leben entlüften, indem du das Licht anmachst. Das Licht, das ist die Konfrontation und der Abgleich mit der Welt meines Gegenübers.
Du machst das.